Unsere Beratungsstelle hat ihren Sitz in Bremen, daher fühlen wir uns in erster Linie für Menschen zuständig, die in Bremen oder Bremerhaven leben. Innerhalb dieser Grenze sind wir mobil und versuchen euch weite Wege zu ersparen.
Wenn ihr nicht in Bremen lebt, könnt ihr euch dennoch bei uns melden, denn wir vermitteln euch gerne an den/die passende Gesprächspartner*in in eurer Nähe weiter.
Hier könnt ihr zu bestimmten Begriffen nachlesen, was wir darunter verstehen
oder nach welchen Definitionen wir uns richten.
Als Sympathisant*innen sind junge Menschen zu verstehen, die sich selbst als unpolitisch betrachten und ihre Einstellung als gewöhnlich erachten, dennoch vereinzelt rechtsextreme Haltungen vertreten und u.U. zur Wählerschaft rechtsextremer Parteien gehören. Ggf. kommen sie als zu rekrutierender Nachwuchs der extremen Rechten in Frage.
Mitläufer*innen sind nicht eindeutig von Sympathisant*innen abzugrenzen. Sie kommunizieren jedoch bereits häufiger einschlägige Slogans und verorten sich deutlich in extrem rechten Lebenswelten. Dies kann sich z.B. durch Teilnahme an politischen Aktionen wie Demonstrationen und Aufmärschen sowie Beteiligung an fremdenfeindlichen Diskursen (on-/offline) äußern. Zudem können bereits Kontakte zu Kadern und Aktivist*innen bestehen.
Aktivist*innen rechter Szenezusammenhänge treten bereits organisierter auf, sind häufig überregional vernetzt und Mitglied fester rechter Strukturen wie z.B. Kameradschaften oder politischer Kreisverbände. Evtl. nehmen sie an Schulungen teil, sind in rechten Parteien bzw. deren Angeboten für Jugendliche aktiv und unterstützen diese auf diverse Art.
Als Kader werden Personen in Führungspositionen rechter Gruppierungen und Parteien bezeichnet. Sie verfügen über ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild und sind in der Regel bereits langjährig der Szene zugehörig. Kader bekleiden hohe Ämter innerhalb von Gruppen oder Organisationen und sind oftmals Entscheidungsträger*innen und Organisator*innen bzw. Initiator*innen von internen und öffentlichen Veranstaltungen.
Unter Signalgeber*innen verstehen wir Personen, die sich selbst keinem rechten Szenezusammenhang zuordnen, die aber aufgrund ihres privaten oder beruflichen Umfeldes jemanden kennen, den sie dort verorten. Sie nehmen aus einem beobachteten oder erlebten Anlass heraus Kontakt zu unserer Beratungsstelle auf und stellen den Kontakt zwischen reset und der (distanzierungswilligen) Person her, um ggf. eine Distanzierung anzuregen oder selbst Unterstützung im Umgang mit der Person zu erhalten.
Stellt sich nach einem Erstgespräch mit einem/einer Signalgeber*in heraus, dass die entsprechende Person, selbst (noch) nicht bereit ist mit den Berater*innen von reset zu sprechen, bieten wir Beratungen für Signalgeber*innen an, um einen Distanzierungsprozess über ebendiese Bezugsperson anzuregen. Wir sprechen dann von Unterstützer*innen. Gemeinsam mit den Unterstützer*innen werden z.B. Gesprächsstrategien erarbeitet, um die entsprechende Person zu einem Ausstieg zu motivieren. Durch die Beratung erlangt die unterstützende Person Handlungssicherheit in kritischen Situationen.
In den Qualitätsstandards der Bundesarbeitsgemeinschaft „Ausstieg zum Einstieg“ e.V. umfasst die Definition des Begriffs Rechtsextremismus folgende Dimensionen:
– Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur
– (Nationalistischer) Chauvinismus
– Verharmlosung bzw. Rechtfertigung des Nationalsozialismus
– Antisemitismus
– Ausländer- bzw. Fremdenfeindlichkeit
– Sozialdarwinismus
Quelle: Qualitätsstandards der Bundesarbeitsgemeinschaft “Ausstieg zum Einstieg” e.V.
GMF beschreibt das Phänomen, soziale Gruppen und Individuen aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit als ungleich und vor allem als ungleichwertig im Vergleich zur Eigengruppe zu beurteilen. Dabei ist die tatsächliche Gruppenzugehörigkeit für die Beurteilung und Abwertung nicht relevant, sondern die Mutmaßung über eine Zugehörigkeit und die damit verbundenen Vorurteile sind ausreichend. GMF ist ein Konstrukt, das 13 Facetten/ Einstellungsbereiche umfasst:
– Antisemitismus
– Fremden- und Ausländerfeindlichkeit
– Muslimfeindlichkeit
– Sexismus
– Rassismus
– Etabliertenvorrechte
– Abwertung asylsuchender und geflüchteter Menschen
– Abwertung von Sinti und Roma
– Abwertung homosexueller Menschen
– Abwertung von Trans*Menschen
– Abwertung wohnungsloser Menschen
– Abwertung von Menschen mit Behinderung
– Abwertung langzeitarbeitsloser Menschen
Quelle: Heitmeyer, Wilhelm (Hrsg.): Deutsche Zustände, Folge 1-10, 2002-2011, Suhrkamp Verlag.
Der Begriff des Rechtspopulismus wird mittlerweile mit einer bestimmten Parteienbeschreibung verbunden. Der Rechtspopulismus stellt eine (politische) Strategie dar, die durch ihre Wortwahl und Themensetzung versucht eine Anschlussfähigkeit an vorhandene Stimmungslagen innerhalb der Gesellschaft herzustellen. Im Rechtspopulismus werden anstelle von rassistischen Unterscheidungsmustern kulturelle Abgrenzungsmotive verwendet. Ziel von Anfeindungen sind dabei überwiegend geflüchtete oder zugewanderte Menschen. Dabei dienen oftmals Ängste vor persönlichem Statusverlust, Unsicherheit der Zukunft und Gefühle der Entfremdung als Argumentationsbasis. Aber auch „die politische Elite“ ist Ziel von rechtspopulistischen Anfeindungen. Hier wird argumentiert, dass regierende Politiker nicht adäquat auf Veränderungsprozesse reagieren und dass sie vor allem die Meinungen „des Volkes“ unberücksichtigt ließen und Konsequenzen für diese ungeachtet hinnähmen. Dabei wird die Komplexität gesellschaftlichen Zusammenlebens stark vereinfacht und gegen eine pluralistische Gemeinschaft argumentiert.
Mädchen und Frauen in der extrem rechten Szene werden oftmals als Gefahr – und Gefährdete von Rekrutierungsversuchen – verkannt. Dem liegt oftmals die sogenannte doppelte Unsichtbarkeit zugrunde: die vor allem mit körperlicher Gewalt assoziierten extremen Rechten scheinen auf den ersten Blick nicht vereinbar mit den klassisch weiblichen Zuschreibungen wie „friedvoll“ oder „diskursbereit“. Zudem wird Mädchen und Frauen eine geringere politische Meinung unterstellt. Beides führt dazu, dass rechtsaffine, rechtspopulistische und rechtsextreme Frauen und Mädchen nicht im Fokus von Forschung, Medien und Öffentlichkeit stehen. Extrem rechte Frauen können jedoch genauso wie Jungen und Männer sehr gefestigt in ihren ideologischen Ansichten sein, greifen aber unter Umständen auf andere Agitationsformen zurück. Beispielsweise nutzen sie ihre Eingebundenheit in soziale Netzwerke (on- und offline) für Rekrutierungsversuche oder versuchen rechte Ideologiemomente in ihren Bezugsgruppen zu verbreiten. Dabei bedienen sie sich ganz gezielt Themen, die Mädchen und junge Frauen ansprechen und zum Anschluss an die „Bewegung“ motivieren sollen, wie z.B. der Angst vor sexualisierter Gewalt gegen Frauen.
Was ein Ausstieg ist, welche Schritte dazugehören oder vorliegen müssen, damit er als „gelungen“ beschrieben werden kann, ist von jedem Einzelfall abhängig und daher nicht eindeutig durch eine festgelegte „Checkliste“ zu definieren. Die Beratungsstelle reset vertritt in dieser Hinsicht das gemeinsam in der Bundesarbeitsgemeinschaft Ausstieg zum Einstieg e.V. erarbeitete Verständnis eines Ausstiegs:
„Ein gelungener Ausstieg ist das Ergebnis eines professionell begleiteten Prozesses. Er beinhaltet den Verzicht auf Gewalt, die kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und der menschenverachtenden Einstellung, eine gelungene Distanzierung sowie die Hinwendung zu einer Lebensweise, die mit den Grundwerten von Demokratie und Pluralität zu vereinbaren ist.“
Quelle: Qualitätsstandards der Bundesarbeitsgemeinschaft Ausstieg zum Einstieg e.V.: http://www.bag-ausstieg.de
Angestoßen wird der Prozess der Distanzierung oft durch die Enttäuschung von Erwartungen, Zweifeln gegenüber rechter Ideologieinhalte, dem Gefühl von Überforderung oder durch Ängste vor körperlicher Gewalt und Aggression. Eine Distanzierung beinhaltet die kritische Auseinandersetzung der persönlichen Einstiegsgründe, individueller rechtsextremer Einstellungen und Verhaltensweisen sowie die Reflexion des szeneinternen Geschichtsverständnisses. Korrelierend hat dieser Reflexionsprozess Auswirkungen auf die soziale Eingebundenheit der Adressat*innen (Freundeskreis, Arbeitsplatz, etc.), sodass während des Beratungsprozesses parallel ein außerszenisches Umfeld aufgebaut wird.